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Leben auf dem Prüfstand

Erinnern Sie sich noch an wichtige Prüfungen? Oder träumen Sie manchmal davon, noch eine bestehen zu müssen? Und sind dann froh, dass es nur ein Traum war und längst alles geschafft. Prüfungen haben oft einen negativen Beigeschmack. Wenn Paulus an die noch junge Gemeinde in Thessalonich, der Hauptstadt der römischen Provinz Mazedonien, von Prüfungen schreibt, meint er durchaus etwas Positives. Was dabei herauskommen soll ist Qualität – Lebensqualität. Dabei ist es wichtig, alles immer wieder auf den Prüfstand zu stellen, wie beim TÜV. „Prüft alles und behaltet das Gute!“ Es ist eben nicht damit erledigt, einmal einen Standpunkt gefunden zu haben und ein Leben lang zu verharren, aus Angst, sonst den Boden unter den Füßen zu verlieren. Das bedeutet aber, meine Ansichten, meinen Glauben und die Art und Weise, wie ich ihn lebe, immer wieder unter die Lupe zu nehmen. Im Gespräch zu bleiben mit anderen, die ihren Glauben vielleicht anders ausdrücken und praktizieren und doch Gott nahe sind.

Wir sehnen uns nach Sicherheiten und brauchen ein verlässliches Fundament. Die Bibel hilft uns dabei. Sie kann wie dieses Sieb sein, das Stefanie Bahlinger in ihrer Grafik für das neue Jahr dargestellt hat. Da gilt es, immer wieder auszusortieren, was uns nicht gut tut. Aber eben auch zu behalten, was sich bewährt hat. Gerade im Blick auf viele Entscheidungen, die wir im kommenden Jahr treffen müssen, kann uns so ein Sieb helfen.

Auch in unserer Kommunikation und unserem Miteinander, wie bei dem griechischen Philosophen Sokrates: Zum weisen Sokrates kam einer und sagte: "Höre, Sokrates, das muss ich dir erzählen!" "Halte ein!" unterbrach ihn der Weise, "hast du das, was du mir sagen willst, durch die 3 Siebe gesiebt?" "Drei Siebe?", fragte der andere voller Verwunderung. "Ja, guter Freund! Lass sehen, ob das, was du mir sagen willst, durch die 3 Siebe hindurchgeht: Das erste ist die Wahrheit. - Hast du alles, was du mir erzählen willst, geprüft, ob es wahr ist?" "Nein, ich hörte es jemanden erzählen und..." "So, so! Aber sicher hast du es im zweiten Sieb geprüft. - Es ist das Sieb der Güte. Ist das, was du mir erzählen willst, gut?" Zögernd sagte der andere: "Nein, im Gegenteil..." "Hm", unterbrach ihn der Weise, "so lasst uns auch das dritte Sieb noch anwenden. Ist es notwendig, dass du mir das erzählst?" "Notwendig nun gerade nicht ..." "Also”, sagte lächelnd der Weise, "wenn es weder wahr noch gut noch notwendig ist, so lass es begraben sein und belaste dich und mich nicht damit."

Wenn Sie sich das Bild noch einmal genau ansehen, entdecken Sie vielleicht das goldene Kreuz. Es hebt dieses Sieb von den unzähligen anderen ab. Das Kreuz macht den Unterschied. „Prüft alles und behaltet das Gute!“ hat nichts mit Selbstoptimierung und einem nach allen Seiten abgesicherten Leben zu tun. Das Kreuz weist uns immer wieder darauf hin, dass wir verletzlich, verwundbar sind. Dass wir Fehler machen dürfen. Aber wenn wir uns dem mit ehrlichem Herzen stellen, geschieht Veränderung zum Guten. Dann kann das Wertvolle bleiben und unser Leben reich machen. Dies wünsche ich Ihnen und euch für das Jahr 2025 und weit darüber hinaus,

Ihr/euer Pfarrer Andreas Hermsdorf